@start78,
der Kreis schließt sich. Wir beide waren schon in Tauschbörsen unterwegs, aber das ist einige Jahre her. Das was wir gefunden haben, war Musik aus den Charts der 50er bis 90er Jahre, die schon als Single, LP oder eben auch aufgewärmt als CD erneut verkauft wurde und sicher auch schon auf diversen gekauften Tonträgern bis hin zu selbst gemachten Kassetten oder Bändern bei uns lagerten. Wir haben damals per Radioaufzeichnung gestohlen und die Musikindustrie hat uns bekämpft, aber der Gesetzgeber war auf unser Seite. Wir haben aus PHP2 gezogen und die Musikindustrie hat unser Tun und Handeln verpennt, da gerade alles doppelt und dreifach auf CD's gepresst wurde und die Mehrheit noch fleißig CD's kaufte, denn PC's waren noch nicht so verbreitet. Der Rückgang hängt also nicht nur an PHP, sondern auch daran, wie hoch die Bereitschaft und finanzielle Kaufkraft ist, nach LP, CD auch noch DRM-verseuchten Download, später Schmalspur-MP3 und noch später Flac-Download für für viele Euronen zu erwerben. Das ist wohl auch schon etwas, was viele Künstler stört und noch mehr mögliche Konsumenten haben sich aus dieser Kostenfalle mit dem Internet befreit. Dort wird jede Musikdatei wie ein Kulturgut gesehen, die einen Künstler zwar leben lässt, aber eben nicht wie Michael Jackson im Luxus sterben lässt.
Zwischenzeitlich wurden die Fresskörbe für Musikhungrige 2 Stufen höher gehängt und wer sich dennoch bedient, weil er vielleicht noch nicht die Technik, nicht die richtigen Programme, nicht das Wissen und nicht Euronen oder Dollar besitzt, um sich die gewünschte Musik legal zu beschaffen oder zu kaufen, trifft auf Gesetze, die uns noch nicht treffen konnten. Teilweise ahnen die meisten noch nicht mal, das mit einem Download auch ein besonders verfolgter und finanziell unverschämt hoch bestrafter Upload stattfindet.
Wenn die Musikindustrie so weiter macht, erreicht sie nie die breit angelegte und auch von Dir gewünschte Konsumentenreife. Nach meiner Meinung vernichtet die Musikindustrie Kulturgut aus Unwissenheit über Preiselastizitäten, aus kurzfristiger Gier und weltfremden Vorstellungen wie man den zahlenden Kunden erreicht. Deshalb denken eben viele wie Du nur noch emotional aufgeladen, das die sich Ihre nicht verkauften CD's tief in den Allerwertesten schieben sollen. Ich sehe das differenzierter, würde mir aber wünschen, das die vernünftigen Stimmen und Denker auch in dieser Industrie das Musikmanagement in die Hände bekommt. Die alte Garde hat versagt und sollte sich nach mehreren Jahren schlechten Managements aufs Altenteil verlegen. Mit mehr Verständnis und kundenfreundlichen Handeln erzieht man besser als mit der juristischen Keule. Konsumentenreife braucht positive Emotionen und Einsichten, nicht Gegnerschaft und juristische Scharmützel.
Wir konnten unsere Konsumentenreife einfach schneller erreichen, was sicher auch mit dem Bildungsstand zu tun hatte. Raritäten von armen Künstlern haben wir damals nicht bekommen oder wollten wir auch nicht, da wir solche Künstler lieber direkt mit Konzerten und Verkäufen vor Ort stützen wollten. Ich nehme wie Du an, dass es heute noch so ist.
Nein heute muss nichts mehr über Tauschbörsen gemacht werden, aber wissen das schon alle? Sind alle P2P-Piraten, die vor einigen Jahren gezogen haben heute fein raus und nur die Deppen von heute in der neuen Härte der verschärften Gesetze? Edle Raubritter kommen sicher in der vollen Rüstung an und kennen alle legalen aber dennoch bezahlbaren oder sogar kostenfreien Wege.
Ungeschützte und schlecht ausgebildete PHP-Reiter mögen sich zwar gelegentlich auch wie Retter der Welt fühlen oder die große Klappe haben, aber die zur Verantwortung zu ziehen ist fast wie 1,9 Mio. Dollar für Mundraub. Aber die juristischen Besserwisser und materiell bzw. intellektuell besser gestellten Musik- und Kulturverwalter können das schon objektiv nach der jeweils von ihnen gestalteten Gesetzeslage beurteilen ;-)
Der Konsument bestimmt schon seit Einführung der Marktwirtschaft, welches Produkt wo und wann auf welchem Wege zu welchem Preis in seinen Einkaufskorb gelangt. Geschenkt nehmen große Menschenmassen fast alles sofort und fast unbezahlbar einige Millionäre vielleicht gelegentlich mal ein Unikat. Ich hoffe Musik wird in noch viel höherer Stückzahl Kulturgut und nicht unverkäufliches Unikat. Sozialkaufhäuser oder die Tafel sind sicher nicht für Dich und mich, aber eben doch für Jammie Thomas-Rasset gemacht. Gloria Estefan, Green Day, Sheryl Crow und Richard Mark haben sicher nichts dagegen, wenn Milliarden Menschen, die dafür nichts bezahlen können, diese Musik kostenfrei tafeln könnten, solange Sie sich selbst Ihren Kaffee noch bei Tchibo kaufen können und der Mercedes auch noch drin ist, weil wir gegen Entgelt konsumieren. Wer es sich leisten kann, sollte auch großzügig und barmherzig sein.
Vielleicht sollte Jammie Thomas-Rasset wie ein Schwarzfahrer mit 50 € pro Schwarzfahrt bestraft werden. Dann passt auch dieser Vergleich wieder besser und wer laut wird darf gern 2 x zahlen.
Die tatsächliche Schadenshöhe ist auch bei der Bahn nicht klar zu fixieren, aber ich habe dort noch nie von aberwitzigen Millionenstrafvorstellungen gehört.
Auch ich bin geneigt, der Musikindustrie zu glauben, das es einen Zusammenhang zwischen Verkaufszahlen mit illegalen Downloads gibt. Ich würde mir nur alle Gutachten und wissenschaftlichen Untersuchungen ansehen und nicht nur die wahnwitzigen Negativberechnungen der von der Musikindustrie bezahlten Gutachter.
Die Positiveffekte aus anderen Gutachten sind genauso zu würdigen und der Zusammenhang von Preis und Menge zu beachten. 100 Gigabyte Musik wird nicht für 1 Euro das Stück eingekauft. Bei Preisen von 1 Euro erreicht man nicht einmal jeden 10ten möglichen Käufer und wenn einer dazu kauft, dann kaum über 3 – 4 CD's im Jahr (sagt die Musikindustrie selbst). Brachland wo man hinschaut. Sicher kann man für große Mengen Flatpreise von Napster oder Rhapsody aber nicht mehr heranziehen.