LAME-Encoder - Historisches von 3.90 bis 3.97 (Seite 1) - Audiokompression allgemein - AudioHQ

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1 bearbeitet von Frank Bicking (Original: 2005-08-27 21:48)

Thema: LAME-Encoder - Historisches von 3.90 bis 3.97

Ich möchte hier etwas auf die LAME-Geschichte eingehen und den derzeitigen Stand der Tests und Diskussionen um die empfohlene LAME-Version zusammenfassen, da zu diesem Thema an verschiedenen Stellen immer wieder Nachfragen kommen und eine recht große Unsicherheit herrscht.

27. August 2005: Artikel aktualisiert und aus unserem internen Forum wiederhergestellt

Direkt zur aktuell empfohlenen Version


Die Anfänge von LAME (September 1998...).

Die Entwicklung von LAME startete im Jahr 1998 als eine Sammlung von Patches für einen weitaus älteren Encoder, der im Grunde genommen auch nicht mehr war als eine kompilierte Version des ISO-Referenz-Encoders von Fraunhofer, und damit eine Software, die zumindest MP3-Dateien erstellen konnte, aber mit den Möglichkeiten von heute absolut nichts zu tun hatte. LAME ist ein rekursives Akronym und steht für "LAME ain't an MP3 encoder", was unterstreichen sollte, dass LAME zu diesem Zeitpunkt kein vollwertiger und eigenständiger Encoder war, sondern lediglich eine Verbesserung des ISO-Codes. Erst mit Version 3.81 im Mai 2000 bestand LAME aus komplett neugeschriebenem Quellcode. Aufgrund der unklaren Patentsituation wurde oft betont, dass das LAME-Projekt nur den Quellcode für einen MP3-Encoder zur Verfügung stelle, aber keine kompilierten Binaries produziere.

Geschichtlich Interessierte können im LAME-Changelog stöbern und auf der Seite ReallyRareWares von Roberto Amorim sogar alte Versionen herunterladen.


LAME vor 3.90 (...bis Juli 2001).

In den Versionen vor 3.90 gab es keines der bekannten Presets, man benutzte die normalen LAME-Parameter, wie sie auch heute zur Verfügung stehen. Es entwickelte sich zu einer Art Volkssport, die längsten Befehlszeilen zu entwickeln und damit die Qualität zu verbessern - manchmal erfolgreich, oft aber (auch aus Unwissenheit) nicht. Populär wurde die Seite r3mix.net mit einem empfohlenen Parameter --r3mix als Alias für eine recht lange Befehlszeile, welcher über einen gewissen Zeitraum Bestand hatte, in jüngeren Versionen aber nicht mehr existiert.

r3mix.net habe ich nicht mehr kennengelernt, weshalb ich diejenigen, die in diesem Forum noch aktiv waren, bitten möchte, uns ein paar Informationen zur Verfügung zu stellen. Unter anderem interessiert mich, was dort gemacht wurde, welche Leute federführend waren und vielleicht heute noch aktiv bzw. bekannt sind, ob Hörtests schon so manifestiert waren wie heute, und was letztendlich zur Gründung von Hydrogenaudio geführt hat. r3mix.net ist längst offline, vielleicht findet ihr im Internet Archive noch einige Bruchstücke.


LAME 3.90 (Dezember 2001).

LAME-Entwickler Dibrom, der im September 2001 Hydrogenaudio gegründet hatte, damals noch unter dem Namen "Project Meyham", führte mit Version 3.90 ein völlig neues System von Parametern ein: die alt-presets, wobei "alt" für "alternative" stand. Sie erweiterten LAME unter anderem um einen hochqualitativen VBR-Modus, der anhand vieler Problemsamples getestet und verbessert wurde. Hier ein Überblick:

Parameter                  | Bitrate
---------------------------+-----------------
--alt-preset insane        |     320 kbps CBR
--alt-preset extreme       | 245…285 kbps VBR
--alt-preset fast extreme  | 245…285 kbps VBR
--alt-preset standard      | 195…235 kbps VBR
--alt-preset fast standard | 195…235 kbps VBR
--alt-preset xxx           |     xxx kbps ABR
--alt-preset cbr xxx       |     xxx kbps CBR

Die Presets waren nicht mit normalen Parametern nachbildbar, waren also kein Alias für längere Befehlszeilen, sondern basierten auf Quellcode abseits der üblichen LAME-Optionen. Viele Benutzer wussten nichts davon und verwendeten die schlechteren normalen Einstellungen, weshalb sich eine Aufklärungswelle entwickelte, die im deutschsprachigen Raum von Einzelpersonen wie AudioHQ-Gründer Dominic Jefferies, Benjamin Lebsanft und xoggy (ripncode.de) getragen wurde. Vor allem --alt-preset standard etablierte sich als Parameter mit sehr hoher Qualität und erreichte eine recht hohe Popularität.


LAME 3.90.2 (ebenfalls Dezember 2001).

Während Dibrom noch im Dezember so schnell wie möglich Bugfixes verfügbar machen wollte, und deshalb auf eigene Faust eine inoffizielle Version 3.90.2 herausbrachte, waren die restlichen Entwickler gegen diesen Alleingang. Dies führte zu ersten Unstimmigkeiten zwischen den LAME-Entwicklern. Versuche scheiterten, sie zu einer offiziellen Version zu machen. 3.90.2 wurde zur empfohlenen Version von Hydrogenaudio und tauchte nicht in der offiziellen LAME-Historie auf.


LAME 3.93 und 3.93.1 (Dezember 2002).

Mit Version 3.93.1 wurden die Presets um eine Medium-Variante für mittlere Bitraten (145…185 kbps) erweitert; es wurde daraufhin auch in die Version 3.90.3 aufgenommen. Version 3.93 hatte übrigens einen Fehler im ABR- und CBR-Modus, ein Update wurde kurzerhand nachgereicht. Eine Kuriosität übrigens, die sich auch bei 3.95 und 3.96 fortsetzen sollte, mittlerweile scheint so ein 3.9x.1-Bugfix obligatorisch zu sein.


LAME 3.90.3 (Mai 2003).

LAME 3.90.2 blieb offizielles Hydrogenaudio-Release bis zum Mai 2003. Danach führten Diskussionen um eine mögliche Verbesserung zur Version 3.90.3, welche von da an bis heute die Empfehlung von Hydrogenaudio darstellt.


LAME 3.95 und 3.95.1 (Januar 2004).

Die normalen Parameter verwendeten ab Version 3.95 zum ersten Mal den gleichen Quellcode wie die Presets, weshalb beide also gegeneinander austauschbar waren. Damit standen dem Anwender nun auch die Optimierungen der Presets zur Verfügung, ohne dass er darüber tiefergehende Kenntnisse besitzen musste. Zusätzlich wurden weitere Zwischenstufen für den VBR-Modus eingeführt. Außerdem hatte sich die Bitrate der höheren Qualitätsstufen etwas verringert. --alt-preset wurde in diesem Zeitraum zu --preset verkürzt, weil es sich eben nicht mehr nur um eine Alternative handelte.

Parameter      | entsprechendes Preset  | Bitrate
---------------+------------------------+-----------------
-b 320         | --preset insane        |     320 kbps CBR
-V 0           | --preset extreme       | 245…285 kbps VBR
-V 0 --vbr-new | --preset fast extreme  | 245…285 kbps VBR
-V 1           |                        | 220…260 kbps VBR
-V 2           | --preset standard      | 170…210 kbps VBR
-V 2 --vbr-new | --preset fast standard | 170…210 kbps VBR
-V 3           |                        | 155…195 kbps VBR
-V 4           | --preset medium        | 145…185 kbps VBR
-V 4 --vbr-new | --preset fast medium   | 145…185 kbps VBR
-V 5           |                        | 110…150 kbps VBR
-V 6           |                        |  95…135 kbps VBR
-V 7           |                        |  80…120 kbps VBR
-V 8           |                        |  65…105 kbps VBR
-V 9           |                        |   45…85 kbps VBR
--abr xxx      | --preset xxx           |     xxx kbps ABR
-b xxx         | --preset cbr xxx       |     xxx kbps CBR

Auch die Zwischenstufen konnten natürlich mit dem Parameter --vbr-new erweitert werden, um den schnelleren VBR-Modus zu aktivieren, der aber dem älteren bzw. normalen VBR-Modus weiterhin qualitativ unterlegen war. In einem Hörtest bei 128 kbps wurde eine spezielle Variante -V 5 --athaa-sensitivity 1 verwendet.


LAME 3.96 und 3.96.1 (April und Juli 2004).

Bei 3.96.1 handelt es sich um die aktuell fertige LAME-Version, die Parameter entsprechen denen von 3.95.

Dibrom hatte in der Zwischenzeit das Interesse verloren, aber trotz zahlreicher neuer LAME-Versionen änderte sich an der Empfehlung von Hydrogenaudio nichts, denn man forderte stets einen Nachweis, dass die neuen Releases die Qualität verbesserten oder zumindest nicht verschlechterten. Die neue Version wurde Qualitätsprüfungen unterzogen, direkte Vergleiche mit 3.90.3 erfolgten, um herauszufinden, ob man die Empfehlung auf die neue Version ändern sollte oder nicht.

Die Hörtests blieben jedoch ohne konkrete Ergebnisse, denn keine Version erwies sich als eindeutig besser. Wo die neuere Version bei einem Testsample bessere Ergebnisse erzielte, versagte sie gegenüber der bisher empfohlenen Version bei einem anderen Testsample. LAME 3.96.1 erzeugte ansatzweise eine bessere Qualität bei --preset standard, wie auch bei Bitraten um die 128 kbps - beides wichtige Anwendungsgebiete des LAME-Encoders. Für eine eindeutige Aussage reichten diese Ergebnisse jedoch nicht aus, und die Frage, welche Version denn nun die bessere sei, wird sich wohl nie endgültig klären lassen.

Für 3.96.1 sprachen die über zweieinhalb Jahre zusätzlich hinzukommende Entwicklungszeit und weitere Vorzüge gegenüber 3.90.3, wie z.B. die VBR-Qualitätsstufen und eine 40 bis 50 Prozent höhere Encodiergeschwindigkeit. Viele Anwender ignorierten die bei 3.90.3 verbleibende Hydrogenaudio-Empfehlung und wechselten zu 3.96.1 (siehe: Umfrage), der Großteil der normalen LAME-Benutzer aber las ohnehin nicht in diesem Forum und wusste somit garnichts davon.


LAME 3.97 alpha (Juli 2005) und beta (September 2005).

Version 3.97 befindet sich momentan in der Beta-Phase, hat sich während der Alpha-Phase in zahlreichen Hörtests einen sehr guten Namen gemacht, und wird bereits von vielen Hydrogenaudio-Mitgliedern empfohlen und verwendet. "Beta" bedeutet in diesem Fall nicht, dass die Version unsicher ist oder sich noch in einem höchst experimentellen Stadium befindet, sondern nur, dass die Entwickler noch nicht alle Neuerungen eingebunden haben, die bis zum fertigen Release vorgesehen sind. Sie gilt bereits heute als sicherer Nachfolger für die offizielle Hydrogenaudio-Empfehlung. Neu wird für viele sein, dass keine finale Version empfohlen wird, aber bei Musepack und Ogg Vorbis ist das seit Jahren die Regel.

Insbesondere der schnellere VBR-Modus hat sich in LAME 3.97 stark verbessert und übertrifft nun qualitativ den alten, so dass im Interesse der bestmöglichen Qualität vorläufig -V x --vbr-new verwendet werden sollte. Es bleibt abzuwarten, ob der VBR-new den bisherigen Modus komplett ersetzen wird. Die Parameter sind weiterhin identisch mit denen aus 3.95, auch die Presets können nach wie vor genutzt werden.

Ich trete dafür ein, die neuen LAME-Versionen zu unterstützen und sich nicht an überholte Empfehlungen zu klammern. Eine Umfrage auf Hydrogenaudio bestätigt, dass viele so denken. 3.90.3 ist trotz der Tatsache, dass sie sich als gute Version bewährt hat, nicht mehr zeitgemäß. Die heutigen Releases profitieren von mehr als dreieinhalb Jahren weiterer Entwicklung, und wurden vielen Hörtests unterzogen, in denen ihre Überlegenheit demonstriert wurde. 3.96.1 ist für vorsichtige Anwender weiterhin ein guter Encoder, die Frage nach dem qualitativ besten MP3-Encoder muss aber zum jetzigen Zeitpunkt mit LAME 3.97 beta beantwortet werden.

Wie die derzeit empfohlenen LAME-Parameter aussehen, können Sie in unserem Artikel zum MP3-Format erfahren; dort finden Sie auch eine Downloadmöglichkeit für LAME 3.97 beta. Aktuelle oder ältere Versionen können auch auf RareWares bezogen werden.


LAME 4.0.

... ist die nächste Generation des OpenSource-MP3-Encoders, wird separat entwickelt, und soweit man erahnen kann auf einem völlig überarbeiteten Quellcode basieren. Sie ist zum jetzigen Zeitpunkt absolut unbrauchbar; vor einigen Monaten wurde lediglich eine Probeversion herausgegeben um den zu erwartenden Geschwindigkeitszuwachs zu demonstrieren. Das geplante Erscheinungsdatum ist unbekannt.

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